Projekt:
Die Herkunft der Tauben

Eine Reise von der Felsentaube zur Stadttaube
In meiner künstlerischen Arbeit beschäftige ich mich intensiv mit der Taube, insbesondere mit der Stadttaube, die in unseren urbanen Lebensräumen allgegenwärtig ist. Doch bevor ich weiter auf die Taube als Motiv in meiner Kunst eingehe, möchte ich an dieser Stelle kurz klären, welche Art von Taube ich in meiner Arbeit verstehe. Wenn ich von Tauben spreche, beziehe ich mich ausschließlich auf die Art Columba livia domestica – die Stadttaube. Alle anderen in Österreich heimischen Wildtaubenarten, wie die Hohltaube, Ringeltaube, Türkentaube und Turteltaube, gehören nicht zu diesem Kreis
Die Geschichte der Taube geht weit zurück. Die Familie der Columbidae, zu der alle Taubenarten gehören, existiert seit etwa 25 Millionen Jahren. Heute gibt es weltweit etwa 300 Taubenarten. Die Stadttaube hat ihren Ursprung in der Felsentaube (Columba livia), die vor allem auf Felsenklippen im Mittelmeerraum, dem Nahen Osten und Nordafrika lebt. Trotz des Rückgangs ihrer Population wird die Felsentaube laut dem letzten Bericht von 2016 nicht als gefährdet eingestuft, sondern als „Least Concern“ – das bedeutet, dass die Art nicht unmittelbar bedroht ist.
Die Domestikation der Taube fand vor etwa 6.000 Jahren in Mesopotamien statt, wo auch die „Taubenzucht“ ihren Ursprung haben soll. Einige Schätzungen gehen sogar davon aus, dass unsere Beziehung zu den Tauben mindestens 12.000 Jahre alt ist. Diese lange Geschichte zwischen Mensch und Taube zeigt, dass die Stadttaube kein wildes Tier, sondern vielmehr ein verwildertes Haustier in unserer urbanen Umgebung ist. In diesem Zusammenhang spricht man von „Dedomestikation“ – einem Prozess, bei dem domestizierte Tiere wieder in die Wildnis entlassen werden.
Die Stadttaube ist heute der am weitesten verbreitete Vogel und wird aufgrund ihrer globalen Präsenz oft als „Kosmopolit:in“ beuzeichnet. Dennoch gibt es sowohl anatomische als auch verhaltensbedingte Unterschiede zwischen Wildtauben und Stadttauben. Ein besonders markanter Unterschied liegt im Brutverhalten: Im Gegensatz zur Felsentaube, die in bestimmten Zeiten des Jahres brütet, kann die Stadttaube das ganze Jahr über brüten. Auch in der Gehirngröße gibt es Unterschiede: Das Gehirn einer Stadttaube ist um etwa 6,8 % kleiner als das der Wildtaube.
Interessanterweise gibt es auch Hinweise darauf, dass die Stadttaube genetisch mit verschiedenen Rassen von Haustauben verwandt ist. Eine Studie, die die DNA von verwilderten Tauben und Rassentauben in Italien untersuchte, zeigte, dass es genetische Ähnlichkeiten zwischen den beiden Gruppen gibt. Dies unterstützt die Theorie, dass die Stadttaube durch Kreuzungen mit Haustauben ihre heutige Erscheinungsform und genetische Struktur erhalten hat. Bereits Charles Darwin formulierte 1859 in seiner „Entstehung der Arten“ die Theorie, dass alle Taubenrassen von einem gemeinsamen Vorfahren – der Felsentaube – abstammen und dass das Aussehen der Tauben durch die Kreuzung verschiedener Phänotypen immer mehr der ursprünglichen Art ähneln würde.
Für mich als Künstlerin ist diese lange Geschichte und die Evolution der Taube von großer Bedeutung. Sie zeigt, wie tief die Beziehung zwischen Mensch und Taube verwurzelt ist und wie sehr sich diese Vögel an unsere Lebensräume angepasst haben. Die Stadttaube ist mehr als nur ein urbaner Vogel; sie ist ein Symbol für Veränderung, Anpassung und die faszinierende Interaktion zwischen Natur und Kultur. In meiner Arbeit versuche ich, diese Geschichte zu erzählen und die Taube in ihrer ganzen Komplexität darzustellen – als ein Wesen, das weit mehr ist als das oft negativ gezeichnete Bild der „Stadttaube“.
Allen neuen Tauben-Fans kann ich folgende Bücher ans Herz legen: Tauben von Karin Schneider und Schwein und Zeit von Fahim Amir.

Die Stadttaube ist heute der am weitesten verbreitete Vogel und wird aufgrund ihrer globalen Präsenz oft als „Kosmopolit:in“ beuzeichnet.




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